Skyfall mal drei

Posted by on 12. November 2012 in Blog, Gesehen | One Comment

„Ich habe Skyfall gesehen!“ plärrt mir mein kleiner Bruder entgegen, kaum dass ich durch die Tür bin. Er grinst breit von der einen Seite seine zwölfjährigen Gesichts zur anderen, während ich meiner Mutter meine Jacke reiche. Er war mit Papa im Kino, sodass sich jetzt beim Sonntagsbrunch alles um Bond, Monneypenny und M dreht.
„Aber das ist kein richtiger Bond!“ nörgelt mein Bruder mit Nutella am Kinn. „Es gab gar keine Gad-gets und kein cooles Auto.“ Mein Papa meint das sei symbolisch für den Fall des britischen Empires zu verstehen.
„Kein affektiertes Martini-Geschlürfe mehr. Bond trinkt Bier und Schnaps, also bitte…“ sagt er mit einer abwertenden Geste. „Das sind wir am Bodensatz der britischen Gesellschaft angelangt.“
„James muss Martini trinken!“ ruft mein Bruder und stampft seiner Tasse auf den Tisch. Etwas Kakao schwappt auf den Tisch.
„Hmmm…“ mache ich vieldeutig hinter meine Kaffeetasse. Mein Bruder wischt den Fleck mit dem Ärmel auf.
„Der Estin Martin, dieses wunderschöne Auto, dieser englische Klassiker wird zerstört…“ Mein Papa versteht was von Autos.
„Wunderschönes Auto!“ stimmt mein Bruder mit Kennermiene zu. Meine Mutter verdreht die Augen. Sie war nicht mit im Kino.Seit Pierce Brosnan mit einem unsichtbaren Auto durch die Arktis gejagt ist, hat sich James Bond für sie erledigt.
„Und dann dieses Finale in diesem schottischen Landhaus…“ fährt mein Papa fort. „Britischer geht nicht mehr. Back to Basics. Die Bösen kommen mit einer ganzen Armee und James erledigt sie mit ein paar Glühbirnen und einer Schrotflinte. Das ist doch klar, was uns der Film sagen will. Wenn wir uns auf die Grundwerte beziehen, können wir gewinnen.“
Mein Papa ist begeistert. In mangelnden Geräten sieht er ein Symbol für die Wirtschaftskrise. „Und diese Glitzerwelt in Asien im Vergleich zum verregneten London…wie siehst du das denn, also ich meine so als Filmschaffende?“
„Das schien mir eine konkrete Weiterführung des Spiegelmotivs auf der visuellen Ebene.“ sage ich, die Filmschaffende. „Zur Erläuterung der komplexen Beziehung zwischen James und dem Bösewicht.“ Ich werde langsam leiser. Sie hören mir kaum noch zu. „Spiegelmotiv?“ Versuche ich es. „Ein klassischer Held-/Antiheld Aufbau?“
Sie hören mir nicht mehr zu. Kurz herrscht Stille.
„James Bond braucht total übertriebene Gat-gets.“ meckert mein Bruder. „Sonst ist das nicht James Bond.“ Der Jüngste mimt den Traditionalisten. In den letzten drei Wochen hat er alle alten James Bond mit Sean Connery absorbiert. „Also mindestes nen Dolch im Schuh oder ein explodierender Kuli. Das ist doch herrlich kitschig.“
„Ach komm,“ sage ich zu ihm. „Du kannst doch nicht den ganzen Film schlecht machen, nur weil es kein explosives Büromaterial gab?!“
„Neee… das nicht.“
„Die Story war echt gut.“
„Ja, ok die Story war echt gut, aber James hatte keinen Nerzhandschuh!“ Seid er Feuerball gesehen hat, lässt ihn das mit dem Nerzhandschuh nicht mehr los.
Ich ziehe die Augenbrauen hoch. „Du ich bin eigentlich ganz froh, das die Frauen im Film nicht nur gestreichelt werden, sondern auch mal schießen und Autos fahren dürfen.“
Mein Bruder guckt schuldbewusst. „Ich bin ja auch dafür, dass Frauen alles machen was Männer machen…“ „Überhaupt hat mich das total aufgeregt.“ falle ich ihm ins Wort. „Erst bekommt James eine gleichwertige Partnerin und dann wird sie zu Monneypenny, also zu einer Vorzimmersekretärin degradiert.“
„Monneypenny ist doch cool!“ quäkt es von links. „Das macht die ganze Sache rund.“
Während ich widerspreche, die Chronologie der Bondfilme wäre nur mit viel Phantasie erkennbar , fängt mein Bruder wieder mit dem Handschuh an. Mein Papa hat mit einem Seufzen den Tisch verlassen und kocht in der Küche neuen Kaffee. Meine Mutter löffelt gedankenverloren die letzten Reste Nutella aus dem Glas.
Ich denke zu Weihnachten schenke ich meinem Bruder, einen, ach was gleich zwei Nerzhandschuhe, oder zumindest aus welche Netzimitat. Auf die Reaktionen der Klassenkameradinnen freue ich mich schon.

1 Comment

  1. Sabine
    30. Januar 2013

    <3

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