Joke, Joke mit Yoko

Posted by on 21. November 2012 in Gewesen | One Comment

„Ich komme gerade aus New York…“ sagt der schlaksige Typ zu meiner Linken in nasalem Tonfall zwischen zwei Lachshäppchen. „Gerade noch raus gekommen, vor dem Sturm, mit der letzten Maschine, sozusagen.“ Er lacht und schüttelt sich. „Wir waren da bei Yoko. Interview machen mit Yoko.“ „Yoko Ono?“ fragt die Frau mit der er spricht. Sie ist abgemagert, ihr Gesicht ist eigentlich nur ein rot geschminkter Mund. Ein roter Mund unter der akkuraten Kante eines sehr gerade geschnittenen grauen Ponys.
„Ja genau“ fährt der Typ fort. „Aber das ist nicht so Joke Joke auf nen Tee mit Yoko. Sie ist sehr distanziert. Obwohl sie ja doch immer wieder die Medien einlädt und die Aufmerksamkeit der Medien geradezu provoziert.“

Joke, Joke mit Yoko. Ich bin im falschen Film. Ich bin auf der After-Vernissage Party der Ausstellung Privat die derzeit in der Schirn gezeigt wird. Natürlich habe ich hier nichts verloren.

Wir waren auf der Vernissage. Reden, Sekt, dann die Ausstellung. Dann wollten wir gehen. Etwas Abseits des Gebäudes stand ein Haufen silberner Skodas. Auf den Türen die Aufschrift „VIP-Shuttle“. Wir neugierig, kamen etwas näher, dann war da plötzlich ein Mann im Anzug mit Türsteher-Visage und er fragte: „Wollen sie da hin?“
Ehe dieses Da näher definiert wurde, saßen wir im Auto und fuhren durch die Stadt. Nach einer Weile hielt der Fahrer.

„Sind wir da?“
„Ja.“ antwortete der Fahrer mit russischem Akzent. „Sie müssen da durch.“ Er deutete auf ein dunkles Loch zwischen zwei Häuserfronten.
„Und da ist dann jemand?“
„Genau, der hilft ihnen weiter.“
„Okay, vielen Dank.“

Nach der Einfahrt kam ein Innenhof, groß, fast schon ein Platz und mittendrin ein Glaswürfel, eine Bar. An der Tür zwei PR-Damen in Hosenanzügen, das mittelbraune Haar zurückgekämmt und zu ordentlichen Pferdeschwänzen gebunden. Sie lächeln.
„Schön das sie da sind!“ sagte Eine und Beide machten mit einen kleinen Schritt zur Seite den Eingang frei.

Da sind wir also. Ich drücke mich an Joke-Joke-mit-Joko vorbei zum Büffet. Er erinnert gerade die Frau mit dem Pony daran, dass sie ihm ein Mittagessen schuldet. Ich mustert das Büffet.. Häppchen große Mengen von undefinierbarem braun-grünem Zeug in weißen Bechern. Darunter große Bögen Papier mit aufgedruckten HTML-codes statt einer Tischdecke. Das ist wohl hip, denke ich.

„Tafelspitz an grünem Spargel.“ sagt eine Kellnerin neben mir.
„Ah, danke. Und das?“ Ich zeige auf eine gehäufte Ansammlung gelbe Klumpen.
„Kürbistortilla mit Cranberries und Rosmarin.“
„Danke, ich bleibe beim Lachs.“

Jetzt steht eine Frau in Beige neben mir. Sie lacht laut, aber falsch. Zumindest erscheint sie mir falsch, weil ihre Mimik das Lachen nur widerwillig mit macht. Klar, Botox. Sie sieht aus wie jemand der Botox verwenden würde. Perlenohrring, ein karierter Schal, viel Gold um runzlige Finger.

„Ach, nein.“ sagt sie mit übertriebenem Ernst zu einer anderen Frau, die einen Pelz trägt. „Ihr seid wirklich zu rücksichtsvoll.“ Sie zieht das U in die Länge. „Ihr müsst auch mal an euch denken und es euch gut gehen lassen.“ Sie legt der Frau mit dem Pelz mitfühlend eine Hand auf den Arm. „Die Kinder, die müssen auch selbst ein bisschen arbeiten. Nicht nur erben.“

„Mensch, das musst du doch aufschreiben!“ sagt mein Papa ein paar Tage später. Ich bin bei meinen Eltern zum Frühstück und habe von Joke-Joke-mit-Yoko erzählt. Meine Mutter kommt mit dem Kaffee.
„Ach,“ sagt sie und stellt die Tassen auf den Tisch. „Das glaubt doch keiner und dann heißt es wieder, sie würde sich billige Klischees aus der Nase ziehen.“

1 Comment

  1. Rafael Bujotzek
    22. November 2012

    Wahre Geschichte!

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