„Wir lieben zu unterhalten Sie“

Posted by on 17. Oktober 2013 in Gewesen | No Comments

„Die Katzenberger auf der Buchmesse, was eine Farce!“, tuscheln die selbsternannten Intellektuellen neben mir empört. Madame Katzenberger bringt ein neues Buch heraus. „Katze sucht Kater.“ Dating-Tipps und Liebesratgeber vom platinblonden Realitystar.
Um 11 Uhr soll die Blondine bei Bastei Lübbe eine Audienz halten. Eine Menge hat sich um den Stand gebildet und verstopft die Gänge. Die Fans mit gezückten Smartphones warten ungeduldig, neben den Intellektuellen, die sich zwar lautstark empören, aber doch zum Gucken stehen bleiben.
Pünktlich um Viertel nach 11 kommt plötzlich Bewegung in die Menge. Sie ist da! Aber man sieht sie nicht. Nur die drei Kamerateams, die hinter ihr laufen. Die bunten Mikrofone schweben über den Köpfen der Meute zum Stand.
Blitzlichtgewitter und ein kurzes Interview. Die Katze steht auf Tattoos. Schalträger und Fantatrinker mag sie nicht. Das Ganze ist unterhaltsam, irgendwie durchschaubar und schnell wieder vorbei. Sie verschwindet in den hinteren Teil des Standes. Die Kamerateams stürzen hinterher.

Daniela Katzenberger im Interview auf der Frankfurter Buchmesse

Eine halbe Stunde später und zwei Hallen weiter komme ich am Stand von Deutschlandradio Kultur vorbei. Dort liest Terézia Mora aus ihrem Buch „Das Ungeheuer“. Keine Journalisten, keine Fotografen, keine Meute mit gezückten Smartphones. Dabei ist Mora die diesjährige Preisträgerin des Deutschen Buchpreis. Intellektuell sicher verdienter als Daniela Katzenberger, trotzdem bleibt hier keiner der Intellektuellen stehen. Die ziehen geschäftig ihre Rollkoffer von Stand zu Stand. Während der Fachbesuchertage buhlen die Verlage um die Gunst der intellektuell versierten Buchhändler und Journalisten. Rezensionsexemplare und Kuscheltiere, Gummibärchen, Jutebeutel, Schokolädchen alles wandert in den Rollkoffer. Abends lässt man sich bei den Kochbuchverlagen versorgen. Johann Lafer präsentiert seine neuesten Kreationen: Pallatschinken, Schokomus, Krabbenhäppchen.
Standpartys sind überall. Die Exklusiveren findet man außerhalb der Messehallen, in Hotellobbys oder Galerien. Hier trinkt man Bier mit Sky Moderatorin Jessica Kastrop und anderen illustren Gästen, die ihre Bücher promoten wollen. Sonntag kommt dann Harald Glööckler.
Dabei ist diesen Stars und all ihren Autobiografien, Kochbüchern, Lebensratgebern oder sonst wie gearteten Sachbüchern eigentlich kein Vorwurf zu machen. Natürlich ist nicht alles Literatur, nur weil es zwischen zwei Pappen gepresst und gebunden wurde. Natürlich sind diese Leute keine Autoren im eigentlichen Sinne. Und man kann sich darüber aufregen. Ja, es bietet sich an. Aber egal ob Glööckler, Katzenberger, Lafer oder Ochsenknecht, sie alle tun lediglich das, was wir von ihnen erwartet: Gebt dem Affen Zucker. „Wir lieben zu unterhalten Sie.“
Und wir Intellektuelle lästern begeistert.

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